d-cz-1Ziel der deutsch-tschechischen Begegnung ist es gewesen, politische Strukturen und Inhalte anhand eigener Erfahrungen im Rahmen einer Simulation zu erleben und zu entdecken. Der interkulturelle Austausch und das Kennenlernen standen hierbei ebenfalls im Vordergrund und wurden für das politische Lernen konstruktiv nutzbar gemacht.

Am Seminar nahmen insgesamt 27 Jugendliche teil. Die 12 deutschen Schülerinnen und Schüler kamen von der 11. Jahrgangsstufe des Bad Freienwalder Gymnasium. Die 15 tschechischen Teilnehmenden kamen von dem Prager Berufsgymnasium “Strední Skola – Centrum odborné pøípravy technickohospodárské”.

Im Rahmen des Jugendseminars diskutierten und erlebten die Jugendlichen Grundfragen des demokratischen Zusammenlebens (vgl. Seminarplan). Im Simulations-Setting eines Dorfgründungs-Projekts wandern die Jugendlichen in ein fiktives von den bisherigen Einwohnern aufgegebenes Dorf in den Pyrenäen aus, in dem sie sich als Gruppe eine neue Existenz aufbauen müssen.  Ausgestattet mit unterschiedlichen Geldvermögen als Mitgift, mussten sie in der vorgefundenen Anlage des Dorfes mit unterschiedlich großen Häusern und Land eine neue Gesellschaft aufbauen, deren ökonomische, politische und juristische Strukturen sie selbst gemeinschaftlich bestimmten. Die jeweils in der fiktiven Lebenspraxis auftauchenden Entscheidungsaufgaben (Häuserverteilung, Arbeitsteilung, Gesetzgebung u.a.) und die dabei notwendig auftretenden Differenzen und Konflikte boten den Stoff für die Entdeckung grundlegender gesellschaftlicher Probleme, die gemeinsam politisch gelöst werden müssen. Der Ansatz folgt dem didaktischen Konzept des “genetischen” Lernens nach Martin Wagenschein und geht in seiner im Bildungszentrum Schloss Trebnitz verwendeten Form auf das Lernmodell von Andreas Petrik[1] zurück.

d-cz3In der binationalen Zusammenarbeit wurden die Jugendlichen für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Meinungen und Lebensweisen der anderen sensibilisiert. Die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Systeme in Tschechien und Deutschland wurden vergleichend hinzugezogen und gegenseitig vorgestellt. Höhepunkt der Woche bildete ein Besuch im Brandenburger Landesparlament, bei dem die Jugendlichen ihre im Laufe der Simulation entstandenen Fragen und Positionen zu gesellschaftspolitischen Aspekten mit Politikern diskutieren konnten und Einblicke in die Arbeitsweise des Parlaments bekamen.

Das Seminar konnte insgesamt planmäßig durchgeführt werden und stieß auf reges Interesse der Jugendlichen. Auch das gemeinsame Lernen der deutschen und tschechischen Teilnehmer wurde als nachhaltige und positive Erfahrung bewertet.

So äußerten sich einzelne Jugendliche in der schriftlichen und mündlichen Befragung am Ende des Seminars wie folgt:

Wie hat Dir das Seminar gefallen? Bitte begründe Deine Einschätzung.

  • Es hat mir sehr gefallen, es war für mich etwas ganz Neues, es ist nur Schade, dass es so kurz gedauert hat.
  • Es hat mir gefallen, vor allem weil wir neue Kontakte mit den Deutschen aufgenommen haben, ebenfalls war es interessant zu sehen, wie schwierig eine Dorfgründung ist
  • Es war interessant, weil ich etwas Neues erfahren habe (2x)
  • Das Programm war gut und die Zusammenarbeit mit unseren deutschen Freunden war sehr interessant (3x)
  • Aus 10 Punkten würde ich 10 geben – weil ich glaube, dass man durch das Spielen ganz viel gelernt hat. Mir sind dann ganz viele Sachen um die Politik herum bewusst geworden
  • Es ist eine gute Lebenserfahrung
  • Den Dorfgedanke fand ich wirklich klasse, nur schien es mir, dass die Lösungen manchmal unendlich lange gingen.
  • Es war gut, schade, dass wir nicht so gut deutsch sprechen

Was hat die Dorfgründung mit Politikunterricht zu tun? Was hast Du über Politik gelernt?

  • Man kann sich, in Form eines Spieles, sehr gut vorstellen, wie es eigentlich ist. Es ist nicht so langweilig.
  • In dem Dorf muss etwas wie ein politisches System funktionieren und das haben wir auch gewählt, so dass wir uns da mit Politik wirklich getroffen haben.
  • Ein paar Grundbegriffe wie Liberalismus, Sozialismus, Konservatismus, Diktatur, … (2x)
  • Die Tatsache, dass wenn wir das Dorf gründen, müssen wir da wirklich alles selber machen so, wie wir es wollen.
  • Man musste sich mit politischen Fragen auseinandersetzen. Ich habe gelernt die Grundideologie zu verstehen.
  • Man muss eine politische Richtung bestimmen und dadurch lernt man, was es an politischen Richtungen gibt und was sie ausmacht.
  • Vor allem habe ich bis ins das Innere den Begriff Demokratie verstanden
  • Wie schwer es ist, Demokratie aufrechtzuerhalten (2x)
  • Politik ist überall. Dorfgründung = Politische Verhandlungen
  • Verschiedene Systeme, Rechte und Pflichten

Wie hast Du das gemeinsame Lernen mit den deutschen bzw. tschechischen Jugendlichen erlebt?

  • Es war interessant, wir haben ganz viel miteinander kommuniziert, auch in den Pausen
  • Es hat mir, auch was die Sprache angeht, ganz viel gegeben, ich kann jetzt mehr verstehen, das gemeinsame Lernen war sehr nett
  • Die Kommunikation war teilweise schwierig, aber es ging
  • Ich hatte erstmal Angst vor der Kommunikation, aber wir haben die gemeinsame Sprache gefunden und es lief
  • Interessant und unterhaltsam.
  • Es war super
  • Ich habe eine Menge über Tschechien erfahren, was ich vorher nicht wusste
  • Interessant
  • Wenn ich etwas nicht sagen konnte, benutzte ich Englisch oder sagte es mit Händen und Füßen.

Würdest Du anderen Schülern das Seminar empfehlen? Warum?

  • Klar, damit sie auch etwas neues lernen und auch ihre Sprache verbessern
  • Ja, wenn sie etwas dazulernen wollen
  • Ja, es ist eine gute Erfahrung (6x)
  • Ja, es war interessant (2x)
  • Ja, weil es das wert ist !!! =)
  • Es hat mir geholfen, den Sinn der Politik zu verstehen und auch meine Sprachkenntnisse haben sich dadurch verbessert
  • Nur denen, die etwas lernen wollen. Sonst wäre es Zeitverschwendung

Diejenigen, die es wirklich interessiert, haben auch eine tolle Möglichkeit, die Sprache zu üben. Außerdem ist es eine tolle Erfahrung für das Leben.

[1] Vgl. Petrik, Andreas: Von den Schwierigkeiten, ein politischer Mensch zu werden. Grundlegung und Erprobung einer genetischen Politikdidaktik am Beispiel des Lehrstücks “Dorfgründung”. Dissertation, Universität Hamburg 2006 und Petrik, Andreas: Regiebuch zum Lehrstück Dorfgründung. Ein praxiserprobtes Simulationsspiel zur Einführung in Grundlagen des demokratischen und wirtschaftlichen Systems, politische Argumentation und Urteilsbildung sowie politische Grundorientierungen. (in Veröffentlichung)