Vor 70 Jahren (Mai-Juni 1943) fuhren zahlreiche Massentransporte der NS-„Reichsbahn“ durch Deutschland. Sie kamen aus dem NS-„Durchgangslager“ Westerbork (Niederlande). Ziel war das Vernichtungslager Sobibór (Ostpolen). In den verplombten Waggons befanden sich manchmal hunderte, manchmal tausende Kinder und Jugendliche – auch Kinder und Jugendliche aus dem heutigen Brandenburg. Sie waren von ihren jüdischen Eltern nach Holland geschickt worden, um der NS-Verfolgung zu entgehen, aber wurden von den deutschen Besatzungstruppen eingeholt und verhaftet. Im Juni 1943 kehrten diese Kinder in ihre Heimat zurück – als Deportierte in den verplombten Waggons.
Die Bahnstrecke führte auch durch brandenburgische Städte (Wittenberge), bevor sie nach drei Tagen an einer Rampe in Sobibór endete. Dort wurden die Kinder und Jugendlichen noch am Ankunftstag erschossen oder durch Gas ermordet. Keines der Kinder kehrte zurück.
Um dieser Kinder und Jugendlichen zu gedenken, fährt der „Zug der Erinnerung“ im Mai-Juni 2013, also 70 Jahre nach den Deportationsverbrechen, durch Städte im heutigen Brandenburg, die Herkunftsorte der Verschleppten sind.
In Wittenberge (Halteort der früheren Deportationszüge) sowie in Frankfurt/Oder sind längere Aufenthalte vorgesehen, um öffentlichkeitswirksam für die Ächtung des NS-Rassismus zu werben, für Zivilcourage und Toleranz zu mobilisieren.
Zielgruppe sind insbesondere SchülerInnen und Jugendliche im Alter der vor 70 Jahren Verschleppten. Ihre großformatigen Fotos und Biographien der Bahnhofsexponate legen den
heutigen Jugendlichen nahe, sich in den Opfern wiederzuerkennen.
Diese emotionale Identifikation soll die innere Abwehr gegen rassistische und chauvinistische Propagandaangriffe stärken.
Die Bahnhofsexponate nutzen den öffentlichen Raum für ein Informations- und Gedenkangebot, das auch berufstätige BürgerInnen erreichen wird.
Die 70. Wiederkehr des Datums der Massendeportationen von Kinder und Jugendlichen in das Vernichtungslager Sobibór und der anschließende Aufstand in Sobibór werden Gegenstand der deutschen und internationalen Berichterstattung und der öffentlichen Aufmerksamkeit sein (Juni-Oktober 2013). Damit ergibt sich ein identifikatorischer Ansatzpunkt für die schulische und pädagogische Toleranzarbeit insbesondere an Heimatorten der deutschen Opfer (Rathenow) sowie an der Durchfahrtsstrecke der „Reichsbahn“-Transporte (Wittenberge, Frankfurt (Oder).
Das Projekt eignet sich besonders für die Verknüpfung mit den lokalen Toleranz-Initiativen in Brandenburg. Zeitgleich werden in Frankfurt (Oder) Stolpersteine für die aus der Stadt Deportierten eingeweiht.